Die erste große Reise mit dem Bus - Ciao bella Italia
Was war das für ein herrliches Glücksgefühl! Seit wenigen Wochen waren wir stolze Busbesitzer und hatten das vanlife schon völlig verinnerlicht, stand nun endlich der erste, große Urlaub an. Bei der Frage wohin es uns treibt waren wir länger ratlos, bieten sich mit unserer neu gewonnenen Flexibilität doch schier endlose Möglichkeiten. Mit meinem Eifer beim Italienisch lernen lag es dann aber doch auf der Hand – bella Italia, wir kommen. Bis dahin hatten wir einige Tipps von Freunden auf dem Zettel, die uns allesamt in die nördliche Lombardei führen sollten. Dass am Ende alles anders kam war geradezu herrlich. Aber erstmal von vorn.
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Für’s besonders gute Feeling starteten wir unseren Sommerurlaub bei grauem Nieselregen, der uns bis über die Alpen begleiten sollte. Uns egal. Mit unserem Adrenalinspiegel und kleinen Vans in den Pupillen gierten wir nach Sommer und dem Leben unter freiem Himmel. In Italien scheint schliesslich immer die Sonne.
Dass dem nicht so ist, lernten wir gleich am ersten Abend. Unsere erste Etappe brachte uns bis nach Südtirol in die Gegend von Bozen, wo wir die erste Nacht verbringen wollten. Da wir schon ein paar Wochen zuvor in der Gegend unterwegs waren suchten wir nach einer neuen Stellplatz für uns. Kurz vor dem Kalterersee gibt es zwei kleinere Seen, der Große und Kleine Montiggler See, deren Parkplätze mitten im Wald einen einfachen aber herrlichen Stellplatz bieten. Unseres Wissens nach ist das Übernachten nur auf den oberen Parkplätzen erlaubt, man läuft dann noch ein kurzes Stück durch den Wald zum See hinunter. Der Stellplatz ist herrlich ruhig und naturnah, günstig und hat sogar eine öffentliche Toilette – die allerdings von 20:00 bis 8:00 geschlossen ist.
Mit dem andauernden Regen, der so romantisch auf die Karosserie prasselte, machten wir es uns am ersten Abend innen gemütlich.
Tag Eins startete mit einer kleinen Exkursion zum See. Da der aber neben dem klassischen Freibad nur wenig Reiz versprühte, zog es uns weiter. Mit Kurs auf den Lago di Como und Lago Maggiore ging’s nun also durch die Berge weiter. Immer mit einem Auge auf die Wetterkarte schielend um ja nicht wieder in ein Regengebiet zu kommen, entschieden wir uns für eine Route südlich der Berge. Mit Zeit, Muße und Faszination für die hiesige Landschaft ging es für uns noch ein wenig die Südtiroler Weinstraße entlang, bis wir bei Welsch-Metz Richtung Lago di Molveno abbogen.
Für mich war die Gegend um Südtirol, vor allem südlicher, eng mit viel Sonne, mediterraner Natur und dem Begriff von Italienurlaub verbunden. Lessons learned. Nach Bozen kam also nicht gleich die Toskana – wie in meiner Vorstellung – sondern italienische Skigebiete, österreichischer Bergdorfcharme und irgendwie auch gleich der Duft von Schnee. Nicht so das, was man sich vorstellt, wenn der Bikini das erste war was in der Tasche landete.
Aber wie heißt es so gut, der Weg ist das Ziel. Und der Tag lang, mal sehen wo wir landen. Aber so schnell war dieses Winterding nicht vorbei und irgendwann kam auch die Stellplatzfrage auf. Nochmal nördlicher? Keine Chance! Aber der Lago d’Idro war nicht weit und auch noch auf gleicher Höhe wie der Gardasee, da wirds also klimatisch sicher ähnlich sein.
Wir steuerten die Nordseite des Sees an und landeten schliesslich auf dem Campingplatz „Pian D’oneda“. Dafür würden wir jetzt keine euphorische Empfehlung aussprechen. Er war okay, aber eben nicht mehr. Wenn ihr in der Gegend seid, schaut euch lieber mal im südlichen Teil um, das sah beim Vorbeifahren sehr hübsch aus!
Tag Zwei begann mit leichten Halsschmerzen und der Gewissheit: Es ist uns hier zu kalt, vor allem nachts. Also schmissen wir zum ersten Mal unsere Pläne über Bord, wir wollten raus aus den Bergen. Es war unser Sommerurlaub und so richtige Bella-Italia-Sommergefühle wollten noch nicht aufkommen. Fragt nicht warum, aber wir entschieden uns für die Po-Ebene um Cremona. Vielleicht aus Nostalgie-Gedanken an den Geografieunterricht oder dem Argument, dass dort in der Hauptsaison sicher nicht viel los ist.
Volltreffer. Es war nicht viel los. Nämlich gar nichts. Unsere erste Begegnung mit dem Po war ernüchternd unhübsch und schrie gleich wieder und nur Stunden später nach einem neuen Plan. Aber diesmal einer, womit man nicht viel falsch machen kann. „Lass uns ans Meer fahren!“ Fahrzeit, Autobahngebühren, volle Strände, Touristenmassen – egal. Hauptsache endlich der Sommer, den wir uns vorgestellt haben.
Wir spannen euch nun nicht länger auf die Folter: Wir haben an der Küste den Glücksgriff des Jahres gemacht. Nach mehreren Absagen von Campingplätzen haben wir uns keine allzu großen Hoffnungen mehr gemacht, Hauptsache irgendeinen Platz ergattern… Und in einem Moment geistiger Genialität rief ich mitten im Tunnel dem Fahrer meines Vertrauens zu – rechts abbiegen. Willkommen auf dem Campingplatz Smeraldo, dem Paradies auf Erden!
Diesmal kamen wir zur richtigen Zeit an den richtigen Ort, wir hatten nämlich den letzten Platz ergattert. Und was für einen… Sicher der Spektakulärste, direkt am Steilhang, darunter nur Felsen und Wasser. An ruhigen Schlaf war die erste Nacht allerdings nicht zu denken. Hält die Handbremse? Würden wir den Sturz 6m in die Tiefe überleben? Mein Hirn hatte alle Szenarien durchgespielt…
Wir haben natürlich überlebt. Und dank der netten Betreiber durften wir am nächsten Tag nach bestandener Mutprobe auch eine „richtige“ Parzelle beziehen. Und dort haben wir es uns mehr als gut gehen lassen. Wir fassen das mal zusammen: schlafen, essen, lesen, baden, essen, schlafen, baden, lesen, baden, essen, schlafen und repeat. Für Fünf Tage. Großartig. Unterbrochen wurde unser paradiesischer Zustand nur von zwei Ausflügen.
Zu Fuß erkundeten wir den hübschen Ort Moneglia, auf den wir ja die ganze Zeit eine sensationelle Sicht hatten. Lasst euch vom ersten Foto nicht abschrecken, die meisten Menschen befinden sich wirklich geballt am Strand, um den man einen Bogen machen kann. Im Ort ist es verhältnismäßig ruhig und man kann ein wenig in das Leben der Moneglier eintauchen.
Natürlich sitzt man nicht so nah an der berühmten „Cinque Terre“, ohne dem Hotspot einen Besucht abzustatten. Wir planten einen gemütlichen Tagesausflug mit Bahn und Boot, dank eines wunderbaren Tipps unserer Platznachbarn. Das war eine weise Entscheidung, denn das Gebiet ist stark frequentiert und nur schwer über Straßen zu erreichen. Der wirklich sensationellste Tipp galt aber einem Erlebnis noch vor Fahrtantritt. Bitte plant euren Fußmarsch zum Bahnhof unbedingt so, dass ihr den Zug auf jeden Fall verpasst. Ja, richtig gelesen. Dann setzt ihr euch nämlich in die Bar direkt im Bahnhof Moneglia, bestellt ein – Achtung – alkoholisches Getränk, das kann man schon auch mal am Vormittag machen, und wartet was dann passieren wird. Kein Witz, genau so hat man uns das Vorgehen erklärt. Und wir weihen euch ein, was dann auf euch zukommt. Dann zelebriert ihr den „Aperitivo“, wie es mehr nicht geht. Es rauschen nämlich Häppchenteller auf euren Tisch, dass euch Hören und Sehen vergeht. Nicht eins, nicht zwei oder drei, nö, es waren sicher sieben (!) Teller und Schüsselchen mit Snacks, Salaten, Knabbereien, Schinken, Melone usw. Mir wurde da ehrlich gesagt schon etwas anders, man zahlt dafür nämlich NICHTS extra. Natürlich gibts dann ein großzügiges Trinkgeld, aber wie fantastisch ist das bitte? Wir wurden sogar von einer deutschen Reisegruppe angesprochen, die mit ebenso verblüfften Gesichtern den Vorgang beobachtet hat. Sie hatten nämlich Kaffee bestellt. Ihr wisst, was ihr zu tun habt, oder?
Das war sicher eines unserer größten Highlights der ganzen Reise.
Die Küste der Cinque Terre mit dem Boot zu erkunden war übrigens eine fabelhafte Idee. So hat man eine wunderbare Sicht auf die abenteuerlich steilen Orte, wie sie da am Felsen kleben. Der Wind bläst einem um die Ohren und wenn man sich von der anfänglichen Einstiegspanik wieder gefangen hat, ist es auch ganz entspannt. Wir sind dafür mit dem Zug bis nach Riomaggiore gefahren und von dort aus mit den angebotenen Tourenbooten Stück für Stück die Küste wieder nördlich entlang gefahren. Man kann beliebig viele stopps einlegen, checkt das aber vorher bitte nochmal mit den Fahrkarten und Fahrplänen, wie viele stopps möglich sind und wie viele ihr zeitlich schafft.
Weil wir ein bisschen faul und gestresst von den Warteschlangen waren, haben wir den ein oder anderen Stop sausen gelassen und sind entspannt auf dem Boot sitzen geblieben. Unseren Kreislauf hatten wir die Tage davor ja auch nicht unendlich trainiert…
Trotz der Touristenmenge war es ein schöner Ausflug, auch weil wir nicht alles von unseren Plänen umgesetzt hatten. Die Boote enden alle in Monterosso al Mare, von wo aus man dann wieder den Regionalzug in die entsprechende Richtung nehmen kann. Ihr könnt den Trip natürlich auch andersrum machen, geht alles.
Obwohl wir im Herzen große Entdecker sind und es nur selten wirklich lange an einem Ort aushalten können, hat uns der Platz wirklich gefesselt. Camping Smeraldo ist zwar klein, dafür haben aber fast alle Stellplätze unmittelbare Sicht aufs Meer und die wunderschöne Bucht. Das Ufer ist recht steinig, was wir aber sehr mögen. Wir haben die Betreiberfamilie durchgehend als sehr hilfsbereit und freundlich erlebt. Sicher ist der Platz nichts für große Mobile oder Camper mit hohem Komfortanspruch. Wer allerdings einen naturnahen Platz ohne viel TamTam sucht, sauberes Wasser und die Gelegenheit mal richtig abzuschalten – go for it. Er ist einer der wenigen Plätze, die nun auf unserer Wiederholungsliste stehen.
Deshalb fiel uns der Abschied wirklich nicht leicht. Aber wir wollten die Heimreise auch wieder in mehreren Etappen fahren und noch ein bisschen was sehen. Die Stadt Mantua hatten wir uns als nächstes Zwischenziel ausgesucht. Eine wirklich hübsche Stadt mit viel Flair. Die Nacht haben wir auf dem „Area Sosta Camper – Sparafucile“ verbracht, ein gut ausgestatteter Stellplatz auf der anderen Seite des Flusses. Die Nacht hier war völlig in Ordnung, würden wir jederzeit wieder machen. Da das Zentrum fußläufig gut erreichbar ist, empfehlen wir unbedingt einen Bummel durch die Gassen. Mantua, übrigens der Ort an den Romeo in „Romeo & Julia“ verbannt wurde, hat unglaublich viel alte Bausubstanz. Wir waren an einem Samstag dort und konnten herrlich in das alltägliche Leben eintauchen. Wochenmarkt, Cafés, kleine Geschäfte, charismatischen Italienerinnen …
Für uns ging es nun weiter Richtung Norden durch eine von Landwirtschaft geprägte Gegend. Der Lago die Caldonazzo sollte unsere letzte Etappe vor der Heimreise sein. Er empfing uns mit dunklen Wolken und ordentlich Spannung am Himmel. Wenn ihr auch so gerne Sommergewitter mögt – es war herrlich! Der Campingplatz Fleiola liegt am südwestlichen Ufer des Sees auf der kleinen Landspitze und war richtig gut ausgestattet. Das kiesige Ufer war vor allem für Familien super, für uns Steinküstenfans natürlich nicht so spannend.
Mit unserem Premium-Platz direkt am Wasser konnten wir aber ganz gemütlich das Wetterspektakel verfolgen und wurden an diesem Abend Zeuge einer spektakulären Bootsrettung. Das nicht mal kleine Schmuckstück drohte nämlich von den inzwischen wilden Wassermassen verschluckt zu werden. Dank einer solidarischen Rettungsaktion von einigen Campern konnte es mit Muskelkraft wieder an Land gezogen werden.
Ende gut, alles gut. So auch unsere Reise. Etwas holprig hat sie begonnen und ist dann so herrlich und erholsam geworden, besser hätten wir es nicht planen können. Und wenn ich so an nächsten Sommer denke, plane ich im Hinterstübchen eigentlich schon einen nächsten Besuch in Moneglia. Vielleicht trifft man sich ja dort….